Sommertour 2006 – Mücken, Musik und müde Menschen
Wir haben es geschafft. Sechs Tage voller Euphorie, Genuss und Strapazen liegen hinter uns. Es waren schöne sechs Tage, trotz der ausgebliebenen Groupies-Sessions und dem verpatzten Pressetermin mit der BRAVO. Wir haben viel Wasser verloren (hieß ja nicht umsonst „Schwitzen für den Frieden Tour“), einige Bekanntschaften geschlossen und natürlich mächtig viel Musik gemacht. Da Konrad, trotz meiner Anweisung, nur Sätze wie „Heute war es sehr warm.“ in sein Tagebuch geschrieben hat, werde ich nun die wichtigsten Fakten und Infos quasi aus meinem Kopf heraus auf die Tastatur übertragen.
Samstag, 22.7.06
15 Uhr, Gleis 6 im Erfurter Hauptbahnhof. Wir haben eben noch gemütlich bei Stephan gesessen und eine kleine Mahlzeit zu uns genommen. Haben uns darauf geeinigt, dass man das benutzte Geschirr doch besser vor der Fahrt abwäscht, da die Wohnung sonst zu interessant für das Erfurter Gesundheitsamt werden könnte. Wer will schon interessant sein.
Der Zug kam wider Erwarten pünktlich. Wir machten es uns im Fahrradabteil bequem. Habe ich schon erwähnt, dass wir mit unseren Drahteseln unterwegs waren? Sehr schöne Sache, wenn man ein vollgepackten Reiserucksack und eine Gitarre auf der Schulter hat...
Die Fahrt nach Halle dauert 90 Minuten, quasi Filmlänge. Der Film war ziemlich langweilig. In der Halbzeit gesellte sich der NPD Ortsvorstand mit in den Wagen. Springerstiefel sind bei Hitze wirklich unangebracht. Aber aufgrund der Hitze konnte man ihre gelungenen Tatoos bewundern. „White Power“ klingt irgendwie wir ein Waschmittel... Halle empfing uns mit offenen Armen. Die bestellte Polizei-Eskorte war auch schon vor Ort, widmete sich aber dann doch den Bedürftigeren.
Die Jugendherberge war ziemlich leicht zu finden. Da wir moderne (aber nicht metrosexuelle!) Kerle sind, waren wir durchaus im Stande, auch mal die eine oder andere Frau nach dem Weg zu fragen. Der diensthabende Zivildienstleistende war sehr kompetent und gab uns auch gleich das beste Zimmer im Haus. Zwei Doppelstockbetten, ein Tisch und 3 Stühle sollten für die nächsten drei Tage unser neues Zuhause sein. Der Tisch wurde erfolgreich unbrauchbar gemacht, indem sämtliche Reiseutensilien darauf ausgebreitet wurden. Stephan bereitete uns das Vergnügen eines Indoor-Lakes bei dem Versuch eine Getränke-Kühl-Einheit zu basteln. Glücklicherweise befand sich im Foyer genügend Altpapier, welches dann die Pfütze unter Kontrolle hielt.
Kurz noch die Sanitäreinrichtungen bestaunt, dann ging es „downtown“, wie wir Engländer gerne sagen. „Downtown“ war aber leider woanders. Auf jeden Fall nicht in Halle. Denn diese Stadt schien keine Einwohner zu haben. Zumindest haben wir an diesem Samstag nachmittag keine gesehen. Filme wie „21 Days“ wurden wohl hier gedreht. In einer kleinen Gasse fanden wir dann einen kleinen Konsum, der uns großzügig mit Getränken und Lebensmitteln versorgte. Wir schleppten die Sachen auf unser Zimmer und brachten uns in Stimmung für den Auftritt am Abend.
Das Peißnitzhaus war auch ziemlich gut zu finden. Für Leute die in Erfurt für gewöhnlich nicht mal den Hauptbahnhof finden, waren wir doch echt gut drauf in Halle. Die Location war super, eine alte verfallene Villa, davor kleine pavillonartige Gebäude, die als Bühne dienten. Wir schlumperten ein wenig durch das Publikum und verzehrten die Reste vom Catering. Keiner von uns hatte jemals solche Bohnen gegessen. Aber es war doch ganz lecker.
Der Auftritt war sehr nett, die Hallorenkugeln haben doch viel Humor. Auch unsere Erfurt-Hymne wurde begeistert aufgenommen. Wir wurden viele CDs los und kamen auch nicht an einer Autogrammstunde vorbei. Wie viele Stunden sind 15 Minuten? Haben danach noch ausgiebig mit den Kollegen gequatscht und CDs getauscht.
Gegen 23 Uhr waren wir wieder in der Herberge. Duschen, trinken und ab auf die Piste. Schließlich wollten meine zwei Singles noch „abdancen“. Wir hatten auch schnell das Hallenser Kneipenviertel ausgemacht und sind in das Flowerpower gegangen. Die Diskokneipe war sehr angenehm, das Bier und die Afri-Cola preislich moderat. Neben uns war eine kleine Gruppe junger Menschen. Ein Mädchen las interessiert in dem Stadtmagazin „Blitz“. Sie wusste natürlich nicht, dass wir dort mit einen kleinen Artikel vertreten waren. Konrad machte sie kurz darauf aufmerksam. Nachdem Sie uns dann prüfend mit dem Foto in der Zeitschrift verglichen hatte, waren wir auch schon „Freunde“. Ich glaube, in diesem Moment spürten wir was es heißt ein VIP zu sein. Sie versprach auch gleich zu unserem Gig im Weinbergclub zu erscheinen und alle ihre Freunde mitzubringen, der Abend war gerettet.
Müde fielen wir in unsere Betten, doch die Nacht versprach keine Abkühlung. Ich glaube wir träumten alle von Eisbären.Gegen 6 Uhr war die Nacht vorbei. Unser Zimmernachbar testete ausgiebig die Belastbarkeit des Dielenbodens, indem er pausenlos vom Schrank zur Tür und zurück lief. Warum er das machte, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Auf jeden Fall war an Schlaf nicht mehr zu denken. Fünf Stunden reichen ja auch...
Sonntag, 23.7.06
Wir quälten uns gegen 8.30 Uhr zum Frühstück, schließlich hatten wir schon dafür bezahlt. Zu unserem Erstaunen schien in Halle der Begriff „Jugendherberge“ eine völlig andere Bedeutung als im Rest der Republik zu haben. Am Frühstückstisch saßen ausschließlich Familien und Rentner. Also nix mit Bekanntschaften in den drei Tagen... Gegen 10 Uhr fuhren wir zur Peißnitzinsel und verweilten dort bis in den frühen Nachmittag. Um 17 Uhr sollten wir einen Auftritt beim Kinderfest haben. Bis dahin galt es noch viele Kinderlieder zu schreiben. Wir waren auch sehr kreativ - die Songs gibt es bald mal live zu hören. Am Nachmittag fing es an zu regnen. War etwas unglücklich für uns, da bei dem Kinderfest nicht mehr viel Publikum zu sehen war. Aber wir sind Profis! Das Programm wurde durchgezogen.
Nach dem Konzert sind wir zum Club „Hühnermanhattan“ gefahren. Wir hatten die Hoffnung, trotz ausgebliebener Bestätigung des Gigs, doch noch einen Auftritt zu bekommen. Leider wurde diese Hoffnung sozusagen in eine Wolke Gras aufgelöst. Der Kollege den wir antrafen war mit der Frage „Ist der Club heute geöffnet?“ schwer überfordert. Vielleicht Schlafmangel. Wir fuhren sogleich zurück zur Herberge. Das alte Spiel: duschen, essen, rumhängen. Da in der Herberge auch am zweiten Tag immer noch keine gleichaltrigen Leidensgenossen anzutreffen waren, versuchten wir unser Glück im hallenser Studentenviertel.
Auf dem Weg dahin begegneten wir Angelo Kelly, der zur Zeit eine Deutschlandtour macht. Wir ignorierten ihn erfolgreich als er, aus dem Tourbus kommend, in unsere verwöhnten Augen blickte. Immerhin waren er und seine attraktiven Brüder Schuld daran, dass man in der achten Klasse einen schweren Stand bei den Mädels hatte. Da brachten selbst lange Haare nur wenig Pluspunkte wenn man nicht auch noch Gitarre spielen konnte. Auf seinem Plakat stand „I’m ready“. Das waren wir auch, denn wir freuten uns auf einen besinnlichen Abend bei Softdrinks und lauter Beatmusik im „Flower Power“. Ein verwirrender Smaltalk mit dem Türsteher brachte uns in den noch mehr verwirrenden Raum. Alles war still und die Gäste starrten gebannt an die Wand. Nicht etwa weil die weltbeste Liedermaching-Combo soeben die Location betreten hatte. Nein, es wurde ein Film gezeigt. In einer Disko-Kneipe. Am hellichten Abend. Halle ist echt seltsam. Wir fanden schnell heraus, dass es sich bei dem Film um einen echten Klassiker handeln musste. Al Pacino spielte die Hauptrolle und wandelte ständig fluchend durch eine schlecht angezogene amerikanische Großstadt. Es fielen Sätze wie „Du scheißt mich an?“, „Scheiß mich nicht an, du verfi...te H...“. Wir waren begeistert. Der Film musste Tarantinos Bettlektüre gewesen sein. Toll. Nach zwei Stunden war er dann auch unerwartet schnell zu Ende. Wir gingen ins Bett.
Montag, 24.7.06
Nach einer viel zu kurzen Nacht und einer nach wie vor unbefriedigenden Lage im Frühstücksraum machten wir uns auf in die City. Sämtliche Bewohner schienen auf den Straßen zu sein. Ein etwas ungewohntes Bild. Wir durchstreiften die Läden nach Brauchbarem. Stephan fand auch endlich seine benötigte Kontaktlinsenflüssigkeit. War ja erst der vierte Versuch. Ein bisschen Sightseeing stand auch auf dem Programm. Turm rauf, Turm runter.
Ansonsten versuchten wir so gut wie es ging der Sonne zu entgehen. Gegen Mittag machten wir etwas Straßenmusik. Nach einer anfänglichen Skepsis begannen die Hallenser aufzutauen. Wir bekamen etwas Verstärkung in der Rhythmusgruppe und bekamen sogar ein Getränk vom Schnellimbiss gegenüber spendiert. Nachdem um uns herum immer mehr Tierschutzorganisationen und Kriegsopfer-Demos auftauchten, empfahlen uns die herbeigerufenen Ordnungshüter doch lieber den Platz zu verlassen. Es war ja mittlerweile auch ziemlich warm im Schatten geworden.
Gegen abend trafen wir dann unseren Kontaktmann vom Weinbergclub. Wir fuhren mit ihm zur örtlichen Technikvergabestelle. Leider war der technische Kontaktmann von unserem Kontaktmann noch nicht vor Ort. So verbrachten wir einige Zeit im Musik-Dunst der ortsansässigen Heavy Metal Bands. Einige Liter stilles Wasser später kam dann auch der Onkel der uns die Technik übergab. Wir bedankten uns alle artig und fuhren hoch zum Club. Dort fix aufgebaut und versucht eine flache Plastik-Scheibe wie ein Ufo fliegen zu lassen. Es gab lecker Gegrilltes und viel Apfelschorle. Gegen 21.30 Uhr legten wir los. Die Leute, die wir am Samstag zuvor im „Flower Power“ kennengelernt hatten tauchten auch auf, genauso wie einige Kollegen vom Liederfest im Peißnitzhaus.
Es wurde ein sehr lustiger Abend mit vielen Pointen und noch mehr sinnlosen Bemerkungen. Nach zwei Stunden Programm und anschließender Autogrammstunde war auch dieser Termin erfolgreich bestanden. Einfach toll. Wir kommen gerne wieder. Da es schon sehr spät war ersparten wir uns einen erneuten Abstecher in die Kneipenmeile. Schlafen.
Dienstag, 25.7.06
Gewohnt einsames Frühstück. Zimmer aufräumen, Sachen packen. Es ging nach Leipzig.
Gegen mittag kamen wir mit dem erwarteten Flüssigkeitsverlust am verabredeten Ort an. Warten auf Uta. Sie war unsere Kontaktperson in der Media City, gleichzeitig auch die nette Frau, die uns ein Obdach für die nächsten zwei Nächte bieten wollte. Wir umgarnten sie mit unserem erprobten Charme und verteilten uns dann in der Stube, bzw. dem Gästezimmer. Uta musste dann auch gleich weiter, schließlich hat nicht jeder im Sommer Urlaub. Ihre Mitbewohnerin lernten wir leider nicht kennen, sie war für unbestimmte Zeit verreist. Das war wohl auch ganz gut, schließlich war sie nicht ausreichend von unserem Aufenthalt unterrichtet worden. Und Ordnung ist bei drei Kerlen ein sehr schwer auszusprechendes Wort.
Am Nachmittag sind wir mit dem Rad zum Leipziger Badesee gefahren. Wir haben im Wasser geplanscht und uns ordentlich den Pelz verbrannt. Die Jugendgang neben uns stellte zu unserer Freude ihr Radio-Programm von „Onkelz“ auf „Shakira“ um, das machte die Beschallung etwas erträglicher.
Zurück in der Stadt haben wir etwas auf den Treppen des Gerichtsgebäudes rumgedöst und sind dann später ins Kino gegangen. „Wolfs Creek“ ist nichts für Mädchen!
Stephan und Konrad haben sich gegen 22 Uhr ein kleines Dinner beim Vietnamesen gegönnt. Wir haben uns wieder mit Uta getroffen und sind in eine Sportbar gegangen. Pina Colada ist echt lecker, enthält aber Alkohol.
Mittwoch, 26.7.06
Gewohnt einsames Frühstück. Warteten bis Mittag, bis die Sonne ihren Tiefstand erreicht hatte. Mussten feststellen, dass die Sonne auch gegen Mittag noch sehr warm scheint. Schlenderten durch die Innenstadt auf der Suche nach einem geeigneten Platz für Straßenmusik. Machten ein wenig Musik, mussten aber schnell erkennen, dass die Leipziger zwar Musik schätzen aber dafür kein Geld ausgeben wollen. Die saugen bestimmt alle bei eMule!!!
Auch ein Standortwechsel brachte keine Besserung. Wir gaben auf und begannen eine Siesta im Stadtpark.
Gegen 18 Uhr haben wir uns auf den Weg zum Club C4 gemacht. Die Strecke sollte länger werden als erwartet. Glücklicherweise schien die Sonne sehr hell, sodass wir den Weg doch ganz gut finden konnten. Beim Club angekommen war natürlich keiner da. Wir hatten auch gar nichts anderes erwartet. Haben uns im lokalen Konsum ein Eis und noch mehr Wasser besorgt. Endlich kam dann auch ein Zuständiger, wir konnten entspannt aufbauen und locker dem Abend entgegen sehen. Uta war so freundlich Konrad ihr kleines Keyboard zu leihen. Leider war der Stromgeber kaputt. Nachdem das Keyboard auch ein eilig besorgtes Zweitgerät in die ewigen Jagdgründe beförderte, sind wir auf Batterien umgestiegen. Sollte man öfter machen. Ein Großteil unserer Leipziger Bekanntschaft kam auch zum Gig, sodass wir wieder einen angenehmen und lustigen Abend hatten. Sind dann mit unseren Leuten ins „Volkshaus“ geradelt um dort noch eine kleine Himbeerbrause einzunehmen. Gegen 3.30 Uhr waren wir im Bett. Länger wollten wir dann doch nicht machen, schließlich hatte unsere Betreuerin Uta am nächsten Morgen eine Radioshow. Irgendwie hörte man ihr aber keinen Kater an. Manchmal haben es Mädchen eben doch besser.
Gegen Mittag ging es zurück in unsere geliebte Heimatstadt. Die Rückfahrt war gut geeignet den verlorenen Schlaf nachzuholen.
Insgesamt war die Sommertour ein ganzer Erfolg. Wir haben alle CDs verkauft, viele neue Freunde gefunden und neue Fans dazu gewonnen. Ich denke die Sache lässt sich problemlos wiederholen.
Stephan und Konrad im Urlaub
Die beiden lustigen Drei auf Tour. Lang ist es her, spannend wie eh und je. Hier könnt ihr es lesen.
Sommertour 2006
Wir haben eine Tour durch diverse deutsche Städte gemacht, es beschränkte sich dann auf Halle und Leipzig. Weiterlesen